Festival "Nebenan/Поруч." in Hellerau

 

Vom 28. Juni bis 2. Juli 2023 präsentiert HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste beim Festival „Nebenan/Поруч. Unabhängige Kunst aus der Ukraine“ Performances, Konzerte, Vorträge, Workshops und Gespräche von und mit ukrainischen Künstler:innen und Intellektuellen. Damit solidarisiert sich HELLERAU mit den vielen ukrainischen Künstler:innen, die von Krieg und Zerstörung bedroht sind und bietet eine öffentliche Plattform für Präsentation, Austausch und Vernetzung sowie für offene Arbeitsprozesse.

Die künstlerischen Beiträge machen sichtbar, wie der Krieg und die angespannte Situation seit der Annexion der Krim 2014 die Biografien der eingeladenen Künstler:innen beeinflusst und sich auf ihre künstlerische Praxis auswirkt. Künstler:innen reflektieren das Erlebte auf sehr persönliche Art und Weise und bewegen sich zwischen Wut, Trauer, Angst und dem Wunsch nach Frieden und (innerer) Freiheit. Zugleich zeigen die Programmpunkte die vielschichtige Identität der Ukraine, ihre Traditionen und Geschichte, die nicht erst nach dem Ende der Sowjetunion begonnen hat.

Nach „Polski Transfer“ (2018), „Karussell. Zeitgenössische Positionen russischer Kunst“ (2020) und „Nebenan/Побач. Unabhängige Kunst aus Belarus“ (April 2022) ist es bereits das vierte Festival seit der Intendanz von Carena Schlewitt in HELLERAU, das freie darstellende Künstler:innen aus osteuropäischen Ländern präsentiert.

Mit der Premiere „Ship. Bridge. Body” vom Theatre of Playwrights/ театр драматургів wird das Festival offiziell eröffnet. Für die Musical-Performance, basierend auf Texten von drei Dramatikerinnen des Theatre of Playwrights haben sich 16 Künstler:innen aus der Ukraine, Deutschland, Italien und Georgien 10 Tage in den ukrainischen Karpaten getroffen. Das театр драматургів – Theatre of Playwrights, geleitet von einem Kollektiv aus 20 ukrainischen Autor:innen, hätte am 12. März 2022 in Kiew eröffnen sollen (Mi 28.06.).

Die Performance „Bunker Cabaret“ von der Hooligan Art Community kombiniert Live-Musik, Satire, Tanz und Film. Ironisch, roh, humorvoll und erschütternd offenbart dieser Abend die individuellen Kriegserfahrungen der Künstler:innen und lässt das Publikum ganz nah heranrücken (29. & 30.06.).

Der Film „Das Hamlet Syndrom“ von Elwira Niewiera & Piotr Rosolowski ist ein kraftvolles Porträt einer dynamischen jungen ukrainischen Generation – der ersten, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion geboren wurde, geprägt von der Maidan Revolution 2013, gestärkt durch den demokratischen Wandel im Land und gezeichnet vom russischen Krieg in der Ukraine (Do 29.06.).

Der Choreograf Viktor Ruban setzt sich für die Bewahrung des experimentellen ukrainischen Tanz- und Theatererbes der 1910er bis 1920er Jahre ein. Zusammen mit der Tänzerin Svitlana Oleksiuk hat er eine Lecture-Performance über die prominente Tänzerin, Tanzpädagogin und Choreografin Bronislava Nijinska, geschaffen, die ihre progressiven Ideen über Bewegung und Tanz ab 1915 in Kiew entwickelte (Bronislava Nijinska Dance Reconstruction, 30.06. – 02.07.).

In der Premiere „Queebaret. Dresden-Kiev“ von Bliadski Circus Queebaret verbinden Regisseurin Roza Sarkisian und Performerin Oxana Cherkashina– gemeinsam mit der Komponistin Alexandra Malatkovska und der Kuratorin Agata Siwiak – Kabarett und Querness. Sie schaffen einen Raum der Liebe und des Widerstands gegen den Krieg in der Ukraine (01.07.).

In „Putinprozess“ untersucht der Theaterregisseur Andriy May gemeinsam mit einem ukrainisch-deutschen Ensemble den Einfluss eines modernen totalitären Systems auf alle Menschen, gleich welcher Herkunft sie sind, oder wo sie leben (02.07.).

Morwan zählt zu den originellsten Künstler:innen, die in den letzten Jahren aus der florierenden osteuropäischen Post-Punk-Szene hervorgegangen sind. Auf der Suche nach neuen Soundästhetiken kehrt der Musiker Alex Ashtaui zu seinen halb-ukrainischen, halb-arabischen Wurzeln zurück – er mixt die dunkle, treibende Rhythmik des Post-Punk mit rituellen arabischen und slawischen Motiven zu futuristischen Tracks (30.06.).

Fo Sho mischte die ukrainische Rap-Szene auf, bis der Angriffskrieg Russlands die Band zwang, das Land zu verlassen. Mit ihren afrofuturistischen Tracks bewegen sich die drei Schwestern im Spektrum von Trap bis Hip-Hop, sie zitieren aber auch frei aus anderen Genres, von R‘n‘B bis Rock (01.07.).

Vorträge und Panels bieten Hintergrundinformationen zur Ukraine. Andrii Portnov, Professor für Entangled History of Ukraine an der Europa-Universität Viadrina (Frankfurt/Oder), gibt in seinem Vortrag „Die Ukraine ist nicht das, was Sie denken“ Einblick in seine Forschung aus der Perspektive einer pluralistischen ukrainischen Gesellschaft und mit Blick auf die Ukraine als Teil der europäischen Geschichte und Gegenwart (Do 29.06. 18:00 Uhr).
Die Kuratorin und Regisseurin Olena Apchel spricht in ihrem Vortrag „Werte, Unabhängigkeit, Identität – Transformation der ukrainischen Performing Arts durch Revolutionen und Krieg“ über Vertreter:innen der unabhängigen Theaterszene, die bei den prägenden gesellschaftlichen Veränderungen und Ereignissen in der Ukraine oft treibende Kraft waren und sind (Fr 30.06. 18:00 Uhr). Bei der Buchpräsentation „Die Gegenwart der Ukraine“ lesen die Herausgeberinnen Katharina Raabe und Kateryna Mishchenko sowie die Autorin Oksana Dutchak Passagen aus dem kürzlich erschienen Band (Sa 01.07. 15:30 Uhr)

Verschiedene Mitmach-Angebote ergänzen das Programm. Der HELLER-Treff lädt alle Menschen dazu ein, im Kulturgarten zu entspannen sowie an einer offenen Keramikwerkstatt und dem ArtHub­Workshop teilzunehmen. Für kostenfreie Snacks ist gesorgt (29.06. 15:00 – 19:00 Uhr). Ein Workshop für Tanzprofis erforscht Prinzipien, die Bronislava Nijinska 1919 bis 1921 in ihrer progressiver Bewegungsschule in Kiew entwickelte (Sa 01.07. 13:00 Uhr)

Olha Filonchuk stellt mit den Workshop-Teilnehmer:innen Strohspinnen her, traditionelle Objekte der ukrainischen Winterferien und Symbole des Universums (So 02.07. 14:00 Uhr). Und unter dem Motto „Let’s dance for Fun“ vermittelt die professionelle House- und Hip-Hop-Tänzerin Notika Tanzkonzepte wie Urban Dance für alle, ohne besondere Vorkenntnisse (So 02.07. 15:00 Uhr).

Geflüchtete zahlen bei Vorlage eines entsprechenden Nachweises nur 2 € für alle Veranstaltungen. Darüber hinaus kann mit der Ticket-Aktion „Doppelpack“ beim Kauf eines Tickets für eine Veranstaltung des Festivals ein weiteres Ticket zum halben Preis erworben werden (buchbar im Besucherzentrum oder direkt an der Abendkasse).

Das gesamte Programm und Onlinetickets gibt es auf der offiziellen Website des Europäischem Zentrum der Künste.

 

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